Bild – Marcus Merk

Essen aus der Heimat

Hähnchenfleisch liefert Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Der Bruder des
Suppenhuhns gilt bei Kennern mittlerweile als Delikatesse. Was ihn so
besonders macht erklärt Anna Ostermeier aus Adelsried

 

Adelsried – [Steffi Brand] Anna Ostermeier isst wie viele Menschen im Landkreis Augsburg gerne Eier. Ihre 6000 Legehennen, die auf dem Hasenberghof zwischen Adelsried und Bonstetten leben, geben etwa 5000 Eier am Tag. Diese werden sowohl im Hofladen, im Eierautomat und über Einzelhändler in der Region
vertrieben. Doch Anna Ostermeier und ihr Mann Jörg, der die Landwirtschaft von seinen Eltern übernommen hat, pflegen einen ganzheitlichen Blick auf Lebensmittel, was auch bedeutet: Auf dem Hasenberghof zählen nicht nur die Endprodukte, deren Verkauf die Familie ernährt – und zwar die Eier in Bioland-Qualität – sondern auch die Tiere, die sie produzieren. Doch das Fleischgeschäft – mit Suppenhühnern und Bruderhähnen – ist kein Leichtes und durchaus erklärungsbedürftig, berichtet Anna Ostermeier. Und der Informationsmangel beginnt oft schon beim Unterschied der verschiedenen Rassen. Bei den Mastrassen dürfen grundsätzlich männliche und weibliche Küken überleben. Doch diese Tiere leben nicht auf dem Hasenberghof. Nur Legehennen, die für die Eierproduktion sorgen, leben bei Adelsried – und eben diese sind weiblich. Doch was passiert eigentlich mit deren Brüdern? In konventionellen Betrieben dürften sie „aussortiert“ werden. Das soll sich durch eine neue Gesetzgebung im kommenden Jahr ändern. Ab 2022 ist das Kükentöten verboten. Allerdings bleibt konventionellen Betrieben die Möglichkeit erhalten, das Geschlecht festzustellen, bevor das Küken schlüpft. Auf dem nach Bioland-Richtlinien zertifizierten Hasenberghof dürfen die Brüder der Legehennen ebenfalls leben. Anna Ostermeier vermarktet sie dann als sogenannte „Bruderhähne“ und erklärt: „Ich könnte es ethisch nicht anders vertreten.“
Wenn die Bruderhähne tiefgefroren aus der Theke im Hofladen geholt werden, sind sie direkt nochmal erklärungsbedürftig, denn Bruderhähne sind klein. Ein Bruderhahn vom Hasenberghof lebt etwa zehn Wochen und bekommt dann gerade mal 600 Gramm auf die Waage. Zum Vergleich: Im
konventionellen Betrieb wird ein Masthuhn 35 Tage gefüttert, um dann ein Schlachtgewicht von 1,5 Kilogramm zu haben. Der Bruderhahn wird also doppelt so alt, aber nicht einmal halb so schwer – und das sieht man ihm auch in der Verpackung an.
„Viele Verbraucher sorgen sich, dass sie nicht satt werden“, berichtet Anna Ostermeier von den Bedenken, die die Kunden im Hofladen ihr gegenüber äußern. Doch die 35-Jährige kann sie alle entkräften oder begegnet ihren Kunden meist mit einer praxistauglichen Lösung, die etwa lauten
könnte: Von den Bruderhähnen passen locker zwei aufs Blech – auch oder gerade, wenn sie ihr weihnachtliches Lieblingsmenü, den gefüllten Bruderhahn mit Maronen, Speck und Mandeln zubereitet. Wen die Zubereitung interessiert, der erhält direkt ein Kärtchen mit dem passenden Rezept im Hofladen und den Hinweis: Eine gute Stunde im Ofen bei 160 Grad Celsius reicht dem Bruderhahn. Für die Portionierung gilt: Ein guter Esser wird von einem Bruderhahn satt. Das hänge auch von den Beilagen ab. Begegnen ihr ihre Kunden mit dem „Vorwurf“, der Bruderhahn sei zu trocken geworden, war er definitiv zu lang im Ofen, erklärt die ambitionierte Hobbyköchin, die jedes Rezept auf Familientauglichkeit und Genuss hin prüft, bevor sie es in ihrem Hofladen weiterempfiehlt.

Auch in puncto Ernährung kommt mit Hähnchenfleisch recht viel Gutes auf den Teller, weiß Diätassistentin Annemarie Probst: „Hähnchenfleisch enthält hochwertige Eiweiße, Vitamine und Mineralstoffe und hat einen niedrigen Fettgehalt.“ Mit den Vitaminen B1, B2 und B6 kommen mit Hähnchenfleisch reichlich der B-Vitamine auf den Teller, die wichtig für das Nervensystem, das Immunsystem und die Blutbildung sind. Auch Vitamin B12, das für die Bildung von roten Blutkörperchen essentiell ist, ist in Hähnchenfleisch enthalten. Das im Geflügel enthaltene Eisen ist besonders gut verfügbar und garantiert eine ausreichende  Sauerstoffversorgung für die Körperzellen. Kalium ist wichtig für Nerven und Muskeln und reguliert den Wasserhaushalt. Zink unterstützt das Immunsystem und ist ein zuverlässiger Schutz vor Infektionen. Über die „Spezialität“, die den Bruderhahn ausmacht, kommt Annemarie Probst beinahe ins Schwärmen: „Es ist ein Lebensmittel von höchster Qualität, das auch den Ansprüchen von Kennern und Genießern gerecht wird.“ Und darauf weist Anna Ostermeier ihre Kunden ebenfalls gerne hin. Transparenz und der direkte Kontakt sind ihr besonders wichtig. Und auch wenn der Hofladen bald etwas stattlicher daherkommen soll als die kleine  Holzhütte, in der er heute untergebracht ist, soll er nicht unbedingt wachsen. Das Sortiment wird übrigens durchaus umfangreicher – allerdings ebenfalls nach und nach. Das Keulenfleisch vom Bruderhahn findet bereits großen Anklang, verrät die studierte Landwirtin: „Alle jene, die das Abfietzeln nicht mögen, schätzen das knochenfreie Fleisch, das im Nu in der Pfanne zubereitet werden kann.“ Brustfleisch und Hackfleisch könnten künftig das Sortiment erweitert. Bis dahin wird Anna Ostermeier die passenden Rezepte für diese Produkte entwerfen und ihr Mann Jörg und ihr zweieinhalbjähriger Sohn Max dürfen zur Probe essen. Auch genießen sie die Klassiker, wie etwa eine echte Hühnersuppe mit einem Suppenhuhn vom Hasenberghof, das einst für leckere Eier gesorgt hat.

 

Rezept: Gefüllten Bruderhahn mit Maronen, Speck und Mandeln
von Anna Ostermeier
Zutaten:
2 Bruderhähnchen Salz, Pfeffer, Öl, Paprika edelsüß Für die Füllung:
150 g geschälte Maronen (Vakuumpackung)
50 g Speckwürfel
2 Eier
50 ml Milch
2 EL Mangelstifte oder Mandeln gehackt
1 Zwiebel, gehackt

1 EL Petersilie, gehackt
1 Knoblauchzehe, gehackt Salz, Pfeffer
Thymian Rosmarin
50 g Semmelbrösel

Zubereitung:
1. Ofen auf 100° C vorheizen.
2. Bruderhähnchen innen und außen kalt abbrausen und trocken tupfen. Mit Salz, Pfeffer und
Paprika edelsüß würzen. Bruderhähnchen mit Öl einpinseln.
3. Für die Füllung die Maronen mit dem Mixer zerkleinern und mit allen weiteren Zutaten
mischen. Bruderhähnchen
damit füllen und danach die Haut mit Spießchen verschließen, um das Auslaufen der Füllung zu
verhindern.
4. Bruderhähnchen auf ein Backblech setzen und zuerst 25 Minuten bei 100° C garen. Dann die
Temperatur auf 160° C erhöhen und 45 Minuten weiter braten.